Die Tradition kennenlernen und sie lieben lernen. Zu Besuch in der katholischen Gemeinde Tula vom 23. — 25.05.2014

Die diesjährige Regionenfahrt der Gesellschaft vom Heiligsten Herzen Jesu führte nach Tula, 180 km südlich von Moskau, ca. drei Zugstunden entfernt. Pfarrer Vitalij Spizyn der Gemeinde »Geburt der Heiligen Gottesmutter« empfing Kaplan Thomas Huber (Augsburg/Deutschland) und Gregor Huber, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft.

Unsere Fahrt nach Tula war nach dem schon in den letzten Jahren (2012, 2013) bewährten Programm gestaltet: Die heiligen Messen sind immer freitags, samstags und sonntags.

Für Freitag, den 23.05.2014, weist der liturgische Kalender von 1962 einen Rang 4. Klasse aus. Somit ist es für den Priester möglich, als hl. Messe ein Requiem zu wählen.

Es wurde das Requiem für »Alle Verstorbenen« gelesen. So konnten eben alle Verstorbenen eingeschlossen werden, so z.B. auch die Verstorbenen der Gemeinde von Tula, die Verstorbenen der Kriege und der der Abtreibung zum Opfer gefallenen Kinder.

Das Requiem, das sehr anspruchsvolle gregorianische Musik enthält, zum Beispiel die Sequenz »Dies Irae«, musste angemessen musikalisch gestaltet werden. Zu dieser Aufgabe gewann Gregor Huber Frau Irina Obolonskaja.Irina Obolonskaja ist auch die Verantwortliche für den gregorianischen Gesang an der Kathedrale in Moskau. Sie sang also das Requiem vollständig. Vielen Dank für dieses große Engagement!

Das Requiem ministrierten Evgenij Zebrev, ein Ministrant aus Tula, und Gregor Huber.

Freitag

Wenn freitags meistens fünf bis sieben Gläubige zur Novus Ordo Messe kommen, so konnten wir nun rund 15 Gläubige zählen. War es die Neugier, einmal die überlieferte heilige Messe zu sehen?

So ist in der Tat die Alte Messe für die vom Novus Ordo geprägten katholischen Gemeinden in Russland eine Neuigkeit. Die Mitfeier eines Requiems war dann sogar noch etwas schwieriger. Entsprechend bestand nach der heiligen Messe großer Gesprächsbedarf. Zuvor gab die Gesellschaft alle lateinischen Messtexte mit einer russischen Übersetzung kostenlos aus. Ebenso den nun in seiner dritten Auflage erschienenen Ordo Missae, der für die Fahrt nach Tula vollständig überarbeitet wurde. Ergänzt wurde das Ordo Missae Heft durch die wichtigsten Artikel aus dem von Papst Benedikt XVI. 2007 erlassenen Motu Proprio »Summorum Pontificum«. Dazu überreichte die Gesellschaft eine Gebetskarte mit der Herz Jesu-Litanei auf russisch.

Wenn man gar nichts von der katholischen Tradition weiß, dann ist die erstmalige Teilnahme an einem Requiem harte Kost: Man findet sich nur schwer zurecht, die Sprache ist schwer verständlich, der Priester schaut als Gebetsrichtung zum Kreuz hin, dann die nicht gerade frohe Farbe Schwarz und schließlich das Wissen, dass es sich um eine Totenmesse handelt. All dies lässt den einzelnen verlassen und alleine vor Gott erscheinen. Man beginnt über Verstorbene nachzudenken und denkt auch an seinen eigenen Tod. Auf der anderen Seite steht aber diese sehr gehaltvolle Liturgie, die den katholischen Glauben vollständig ausdrückt, für den Glauben und die Hoffnung des Christen, einmal selbst zum Ewigen Leben erweckt zu werden.

Die Reaktionen auf das Requiem waren positiv. Dankbarkeit dafür, für die Verstorbenen so würdig gebetet und den Armen Seelen wirklich etwas Gutes getan zu haben. Natürlich bleibt das Requiem nicht ohne Wirkung auf die Mitfeiernden selbst. Eine Gläubige meinte: Die Messe wirke wie ein kleiner Exorzismus auf sie.

Der nächste Tag beginnt! Der liturgische Kalender von 1962 wies für den Samstag einen Tag 4. Klasse aus, und so wurde die Votivmesse vom Unbefleckten Herzens Mariens gewählt. Das Hochfest selbst wird stets am 22. August gefeiert.

Samstag

Für diesen Samstag und den folgenden Sonntag erlernte der Chor unter Leitung von Schwester Irina Тсherenkova (CSSE) die Missa de Angelis. Am Sonntag konnte auch Irina Skibinskaja den Chor auf der Orgel begleiten. Für Chor und Organisten, die erstmals eine Alte Messe musikalisch begleiten, ist es immer schwierig, den richtigen Zeitpunkt für den Einsatz zu treffen. Die Abstimmung zwischen der Liturgie am Altar und der Musik ist entscheidend.

Das gesungene Sonntagsamt ministrierten Igor Ljubimov, Evgenij Zebrev, Augustino Ntasima und Gregor Huber.

Sonntag

Nach der feierlichen Messe wurde die Frage nach der Notwendigkeit der lateinischen Sprache in der Alten Messe diskutiert. So stellte Kaplan Thomas klar, dass es nicht notwendig sei, Latein aktiv sprechen zu können, wie Russisch oder Deutsch. Vielmehr seien die lateinischen Gebete der Messe deutlich begrenzt. Außerdem sei das Erlernen einiger Gebete eine gute Übung, denn z.B. auf dem Weltjugendtag wird das Vaterunser nicht in Russisch oder Deutsch, sondern auf Latein gebetet.

Weiterhin verbinde Latein mit dem Zentrum des katholischen Glaubens Rom. Es wird so ein Zeichen gesetzt, dass die russische katholische Kirche zu Rom gehört und keine von Rom getrennte Nationalkirche ist.

Da es sich bei der hl. Messe um ein vierfaches Opfer handelt, nämlich um ein Lob-, Bitt-, Dank- und Sühnopfer, so wird die hl. Opferliturgie nicht in derselben Sprache gefeiert, in der Menschen auch Wurst und Bier kaufen. Mit der Sakralsprache verabschiedet man sich gleichsam aus dem Alltag, wir wenden uns bewusst von einander ab, und wenden uns dem Kreuz zu, dem Mittelpunkt unseres Lebens. Die hl. Messe ist die Stunde des Opfers, des Karfreitags, und nicht die Stunde des Gründonnerstags — das musste klar gesagt sein.

Nun ein Wort zum Schluss: Unser Besuch in Tula wurde finanziell hauptsächlich von deutschen traditionellen Katholiken ermöglicht. Es ist deren ausdrücklicher Wille, möglichst vielen russischen Brüdern und Schwestern im Glauben die Tradition der katholischen Kirche nahe zu bringen. Die Gesellschaft vom Heiligsten Herzen Jesu dankt daher allen Wohltätern und sichert ihnen ihr Gebet zu.

Die Gesellschaft vom Heiligsten Herzen Jesu dankt auch Pfarrer Vitalij für sein Vertrauen, sein Interesse und seine Gastfreundschaft.

Seinerseits versprach Pfarrer Vitalij Besuche der Gesellschaft in anderen katholischen Gemeinden Russlands zu empfehlen.

Predigt zum 5. Sonntag nach Ostern.

Lectio: Jac 1,22-27; Evangelium: Joh 16,23-30

Liebe Gläubige, der hl. Jacobus mahnt uns in seinem Brief, keine vergesslichen Hörer zu sein. Wir sollen keine Menschen sein, die oberflächlich ihren Glauben praktizieren, sondern den katholischen Glauben aufmerksam befolgen. Dazu gehören der Glaube an den Dreifaltigen Gott, an Jesus Christus, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott. Wir glauben an den Heiligen Geist und an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Wir dürfen in unserem Glauben nicht oberflächlich sein. Vom Himmel zu reden ist einfach aber es gehören auch das persönliche Gericht, das Fegfeuer und die Hölle zur Lehre der katholischen Kirche. Wir sind aufgefordert die 10 Gebote zu halten aber es gibt auch noch die Gebote der Kirche. Wir sollen mindestens einmal im Jahr zur hl. Beichte gehen. Besser wäre natürlich zweimal, vor Weihnachten und vor Ostern. Wer im geistlichen Leben deutliche Fortschritte machen will, sollte alle vier Wochen beichten. Damit der Glaube nicht oberflächlich wird gibt es auch das Sonntagsgebot: es ist Pflicht an Sonntagen zur heiligen Messe zu kommen. Dazu gehören auch das persönliche Gebet, das Einhalten der Fasttage und die Unterstützung der Armen.

Wichtig ist es, sich immer wieder dem Geheimnis der Heiligen Messe zuzuwenden. Die heilige Messe ist ein Opfer. Sie ist kein Gemeinschaftsmahl, sondern die unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers von Golgota. So hat es das Konzil von Trient definiert. Der auferstandene Christus, unser Herr, wird in seinem Opfer gegenwärtig unter den Gestalten von Brot und Wein. Es ist dasselbe Opfer von Golgota, nur dass es eben in unblutiger Weise gegenwärtig wird. Im Offertorium der überlieferten Messe heißt es: »Nimm an, heiliger Vater, allmächtiger Gott, diese makellose Opfergabe«. Bei den Worten über den Kelch heißt es: »Wir opfern, dir Herr, den Kelch des Heiles und flehen deine Milde an«. Die Kirche weiß, dass nicht Brot und Wein den Menschen retten, sondern allein der heilige Leib und das kostbare Blut unseres Herrn Jesus Christus. Er hat seinen Leib und sein Blut für uns hingegeben, damit wir für alle Zeiten sein Opfer haben, das uns mit Gott versöhnt. Christus ist damit die Opfergabe und er ist Opferpriester zugleich. Christus ist der Priester für uns, der sich zu unserem Heil aufopfert.

Die Kirche bittet Gott immer wieder um die Annahme dieses Opfer. Im römischen Messkanon spricht der Priester: »Demütig bitten wir dich, allmächtiger Gott: Dein Heiliger Engel möge dieses Opfer zu deinem himmlischen Altar emportragen vor das Angesicht Deiner göttlichen Majestät«. Es gibt keinen Zweifel, dass das katholische heilige Messopfer, die schönste und größte Gabe ist. Durch die Hand des Priesters darf die Kirche Gott das Lob-, Bitt-, Dank- und Sühnopfer darbringen.

Hier dürfen wir die unendliche Liebe Gottes erkennen. Wir dürfen zu diesem Kreuzesopfer hinzutreten. Nicht nur die wenigen Personen, die vor 2000 Jahren beim Kreuz standen, sondern viele Milliarden Gläubige. Sie alle dürfen als Sünder zu dem heiligen Kreuz unseres Herrn, Jesus Christus, hinzutreten und es in Glauben, Hoffnung und Liebe verehren. Wir erlangen unter dem Kreuz die Verzeihung unserer lässlichen Sünden, wir erlangen Gnaden zu unserer Heiligung und wir werden als Kinder Gottes gestärkt.

Wir sollten darum nie oberflächlich oder mit wenig Frömmigkeit das heilige Messopfer feiern. Der hl. Jacobus warnt uns: Seid Menschen, die das Wort des Evangelium ausüben und nicht Menschen, die es sich nur anhören und wieder vergessen.

Liebe Gläubige, so wollen wir den hl. Jacobus um seine Fürbitte anrufen und in Gemeinschaft mit der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, immer tiefer die Geheimnisse des Kreuzesopfers Jesu Christi erkennen. Maria, liebe Mutter, begleite uns zu deinem Sohn, der in jeder Heiligen Messe sein Opfer für uns erneuert, damit wir rein, heilig und gesund an Leib und Seele werden.